Biblische Wahrheiten

Joseph: Ein Mann der Geduld (PDF) PDF-Ausgabe

Joseph: Ein Mann der Geduld



In Jakobus 5, 10 ̶ 11 heißt es:

Jakobus 5, 10 ̶ 11
„Nehmet, Brüder, zum Vorbild des Unrechtleidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben. Siehe, wir preisen die selig, welche ausgeharrt haben. Von Hiobs Geduld habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen; denn der Herr ist voll Mitleid und Erbarmen.“

Geduld ist etwas, das wir brauchen, ganz besonders in Schwierigkeiten. „In Trübsal haltet stand“ (Römer 12, 12), heißt es im Wort Gottes. Heute möchte ich mich gerne dem Thema Geduld widmen, wobei ich Joseph, den Sohn Jakobs als Beispiel nehmen werde.

1. Joseph: Im Land Kanaan

In 1. Mose 37, 3–11 steht:

1. Mose 37, 3–11
„Israel aber hatte Joseph lieber als alle seine Söhne, weil er ihn in seinem Alter bekommen hatte; und er machte ihm einen langen Rock. Als nun seine Brüder sahen, daß ihr Vater ihn lieber hatte als alle seine Brüder, haßten sie ihn und mochten ihn nicht mehr grüßen. Joseph aber hatte einen Traum und verkündigte ihn seinen Brüdern; da haßten sie ihn noch mehr. Er sprach nämlich zu ihnen: Hört doch, was für einen Traum ich gehabt: Siehe, wir banden Garben auf dem Feld, und siehe, da richtete sich meine Garbe auf und blieb stehen; eure Garben aber umringten sie und warfen sich vor meiner Garbe nieder! Da sprachen seine Brüder zu ihm: Willst du etwa gar unser König werden? Willst du über uns herrschen? Darum haßten sie ihn noch mehr wegen seiner Träume und wegen seiner Reden. Er hatte aber noch einen andern Traum, den erzählte er seinen Brüdern auch und sprach: Seht, ich habe wieder geträumt, und siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne verneigten sich vor mir! Als er aber das seinem Vater und seinen Brüdern erzählte, schalt ihn sein Vater und sprach zu ihm: Was ist das für ein Traum, den du geträumt hast? Sollen etwa ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und uns vor dir bis zur Erde verneigen? Und seine Brüder beneideten ihn; sein Vater aber behielt das Wort im Gedächtnis.“

Jakob liebte Joseph mehr als seine anderen Kinder. Das wiederum hat bei seinen Brüdern Neid ausgelöst. Als wäre das noch nicht genug, hatte Joseph auch noch zwei Träume, in denen er als Herrscher über seine Familie erschien, was den Neid der Brüder noch mehr anfachte. Wie wir später sehen werden, hat ihr Neid Joseph viele Probleme bereitet.

Wenn wir die Frage nach dem Urheber dieser Träume bestellen, so zeigt die Tatsache, dass Gott sie ̶ wie wir später sehen werden ̶ hat wahr werden lassen, wenn auch viel später, und dass Er derjenige war, der sie ursprünglich schenkte. Dann ist vielleicht die nächste Frage, die sich stellt, gerade auch, weil wir gesehen haben, welche Probleme diese Träume für Joseph verursachten: „Warum?“ Warum hat Gott Joseph prophetische Träume gegeben, die erst viele Jahre später in Erfüllung gehen würden? Wusste Er nicht, dass sie lediglich den Hass seiner Brüder anfachen würden, sogar bis zu dem Punkt, dass sie ihn als Sklaven nach Ägypten verkaufen würden? Natürlich wusste er das. Es gibt nichts, das Gott nicht weiß. Nichts und niemand kann Gott überraschen. Er weiß alles und Er sieht viel weiter als wir sehen können. Die Dinge, die Joseph erlitten hat, hatten ihren Zweck, obwohl es sehr schwierig war, diesen zu der Zeit, als sie geschahen, zu erkennen. Die Tatsache, dass wir Anfechtung und Unannehmlichkeiten erleben, bedeutet nicht unbedingt, dass wir uns außerhalb des Willen und Planes Gottes befinden. Wie für Joseph so haben die Schwierigkeiten auch für uns einen Zweck und ich glaube, dass das wahr ist für alles, was der Herr unseren Weg kreuzen lässt. „Denen, die Gott lieben, wirkt ALLES zum Besten mit“ (Römer 8, 28), heißt es in der Schrift. Wenn du Gott liebst, wirkt ALLES, jede Sache, zum Besten mit. Sogar die Schwierigkeiten und ja, sogar die Leiden. Du musst sie Frage nach dem „Warum?“ nicht immer beantwortet haben, um vorwärtszugehen ̶ wie wir sehen werden, hat es Jahre gedauert, bevor Josephs Frage beantwortet wurde und in der Zwischenzeit kamen noch mehr Fragen dazu. Was wir allerdings immer brauchen, ist Glauben ̶ Vertrauen auf die Pläne Gottes, auch wenn wir sie in ihrer Fülle noch immer nicht gesehen haben. In 1. Petrus 4, 19 lesen wir: „So mögen denn die, welche nach Gottes Willen leiden, dem treuen Schöpfer ihre Seelen anbefehlen und dabei tun, was recht ist.“ Es wird Zeiten geben, in denen wir vielleicht leiden und dies „nach dem Willen Gottes“ tun. Lasst uns unsere Seelen Ihm als dem treuen Schöpfer anbefehlen. Er weiß sehr wohl, was Er tut.

2. Von Kanaan nach Ägypten

Um wieder auf Joseph zurückzukommen - falls er sich nicht sofort gefragt hat, worin die Gründe dafür liegen, warum Gott ihm diese Träume gegeben hat, so hat er dies vielleicht nach dem, was folgte, getan. Sein Vater schickte ihn los, seine Brüder an dem Ort, an dem sie die Herde fütterten, zu finden. Aber sie…

1. Mose 37, 18–28
„Als sie ihn nun von fern sahen, ehe er in ihre Nähe kam, beschlossen sie, ihn meuchlings umzubringen. Und sie sprachen zueinander: Seht, da kommt der Träumer her! Jetzt wollen wir ihn doch töten und in eine Zisterne werfen und sagen, ein böses Tier habe ihn gefressen; so wollen wir sehen, was aus seinen Träumen wird. Als Ruben solches hörte, rettete er ihn aus ihren Händen, indem er sprach: Wir wollen ihn nicht ums Leben bringen! Und weiter sprach Ruben zu ihnen: Vergießt kein Blut! Werft ihn in die Zisterne dort in der Wüste, aber legt nicht Hand an ihn! Er wollte ihn aber aus ihrer Hand erretten und ihn wieder zu seinem Vater bringen. Als nun Joseph zu seinen Brüdern kam, zogen sie ihm den Rock aus, den langen Rock, welchen er trug. Darnach nahmen sie ihn und warfen ihn in die Zisterne; die Zisterne aber war leer, und es war kein Wasser drin. Darauf setzten sie sich nieder, um zu essen. Als sie aber ihre Augen hoben und sich umsahen, siehe, da kam eine Karawane von Ismaelitern vom Gebirge Gilead daher, deren Kamele trugen Tragakanth, Balsam und Ladanum, und zogen hinab nach Ägypten. Da sprach Juda zu seinen Brüdern: Was gewinnen wir damit, daß wir unsern Bruder töten und sein Blut verbergen? Kommt, wir wollen ihn den Ismaelitern verkaufen und nicht selbst Hand an ihn legen; denn er ist unser Bruder, unser Fleisch! Und seine Brüder stimmten zu. Als nun die midianitischen Kaufleute vorbeikamen, zogen sie Joseph aus der Zisterne herauf und verkauften ihn den Ismaelitern um zwanzig Silberlinge; die brachten Joseph nach Ägypten.“

Der Neid der Brüder Josephs brachte sie schließlich dazu, ihn als Sklaven nach Ägypten zu verkaufen. Lasst uns hier einen Moment innehalten und uns in Josephs Lage versetzen: Stell dir die Fragen vor, die er gehabt haben musste. Innerhalb weniger Monate hat sich sein Leben dramatisch verändert. Wenige Stunden zuvor war er zu Hause mit seinem Vater, der ihn abgöttisch liebte, und nun befand er sich als Sklave auf dem Weg nach Ägypten ̶ verkauft von den eigenen Brüdern! Denkst du, dass er verstanden hat, warum all dies passierte? Ich glaube nicht.

Genauso wie Jospeh so sind uns vielleicht die Hintergründe auch nicht immer klar. Vielleicht sind wir verwirrt und betrübt wie Hiob. Aber ich wiederhole, dass „Denen, die Gott lieben, ALLES zum Besten mitwirkt“ (Römer 8, 28). Wir haben eine Sicht der Dinge ̶ und diese ist sehr begrenzt ̶ von lediglich der Gegenwart und der Vergangenheit. Gott andererseits genießt die „Vollansicht“: der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Was wir sehen, ist begrenzt und unvollständig. Was Er sieht, ist vollständig und vollkommen. Die Verbindung zwischen unserer Sicht und Seiner vollkommenen ist Glauben. Durch Glauben ordnen wir unsere unvollkommene Sicht der Dinge Seiner vollkommenen unter und weigern uns, nur dem zu folgen und dem gemäß zu handeln, was unsere unvollkommene Sichtweise uns sagt. Stattdessen vertrauen wir der Sicht des Einen, an den wir glauben: Gott. Wenn unser Glaube auf die Probe gestellt wird, kommen wir in Versuchung, unser Vertrauen von Gott auf das umzulenken, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Wir sollten nicht versuchen, unbeantwortete Fragen, die wir vielleicht haben, nur auf dem, was unsere Augen sehen, basierend, zu beantworten. Unsere Schlussfolgerungen werden nicht richtig sein. Wir sollten im Gegenteil unsere Seelen „dem treuen Schöpfer anbefehlen“ (1. Petrus 4, 19). Er weiß immer, was Er tut, sogar wenn es Dinge gibt, die wir im Moment nicht ganz verstehen.

3. Joseph: Im Hause Potiphars und dann im Gefängnis

In den Versen 1–6 des 39. Kapitels erfahren wir, was weiter mit Joseph geschah:

1. Mose 39, 1–6
„Joseph aber war nach Ägypten hinabgeführt worden, und Potiphar, ein ägyptischer Kämmerer des Pharao, der Oberste der Leibwache, hatte ihn von der Hand der Ismaeliter erworben, die ihn dorthin gebracht hatten. Und der HERR war mit Joseph, und er hatte Glück und durfte im Haus seines ägyptischen Herrn bleiben. Und als sein Gebieter sah, daß der HERR mit ihm war, und daß der HERR in seiner Hand alles gelingen ließ, was er unternahm, da fand Joseph Gnade in seinen Augen und durfte ihn bedienen; und er setzte ihn zum Aufseher über sein Haus und vertraute ihm alles an, was er hatte. Und von der Zeit an, als er ihn über sein Haus und über alle seine Güter gesetzt hatte, segnete der HERR des Ägypters Haus um Josephs willen, so daß der Segen des HERRN in allem war, was er hatte, im Haus und auf dem Feld. Da überließ er alles, was er hatte, Josephs Hand und kümmerte sich um gar nichts mehr als um das Brot, das er aß.“

Der Herr war mit Joseph.” Hier steht nicht, dass der Herr Joseph während seiner schweren Zeit alleine gelassen hat und nun wiedergekommen ist. Der Herr war mit Joseph, und das von Anfang an. „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen“, heißt es in der Schrift (Hebräer 13, 5). Joseph hatte, wie du wahrscheinlich auch, nur Zugang zu der Vergangenheit und der Gegenwart. Wenn er sich seine Situation mit seinen natürlichen Augen angeschaut hätte, wäre er verzweifelt gewesen. Dies hat er aber nicht getan, obwohl das Leben, das er jetzt führte ganz anders war als er erwartet hatte. Ganz im Gegenteil arbeitete er für den Ägypter, der ihn seinerseits für seinen ganzen Besitz verantwortlich machte. Joseph führte sein Leben, wobei er sein Herz in die Hände des Einen legte, der alle Antworten hatte, obwohl nicht all seine Fragen beantwortet wurden.

Über Josephs Leben in Potiphars Haus könnte man sogar sagen, dass es ihm wieder wohlgesonnen war. Er hatte einen guten Job: Er war der Verwalter des Besitzes von einem von Pharaos Beamten. Ich schätze, dass dies für viele Ägypter, ganz zu schweigen für einen Fremden wie Joseph, eine privilegierte Position war. Plötzlich schlugen die Dinge aber wieder um. In 1. Mose 39, 6–20 heißt es:

1. Mose 39, 6–15, 19–20
„Joseph aber war von schöner Gestalt und hübschem Aussehen. Es begab sich aber nach diesen Geschichten, daß seines Herrn Frau ihre Augen auf Joseph warf und zu ihm sprach: Schlaf bei mir! Er aber weigerte sich und sprach zu der Frau seines Herrn: Siehe, mein Herr verläßt sich auf mich und kümmert sich um nichts, was im Haus vorgeht, und hat mir alles anvertraut, was ihm gehört; es ist niemand größer in diesem Haus, als ich, und es gibt nichts, das er mir vorenthalten hätte, ausgenommen dich, weil du seine Frau bist! Wie sollte ich nun ein solch großes Übel tun und wider Gott sündigen? Und wiewohl sie ihm Tag für Tag zuredete, hörte er doch nicht auf sie, daß er sich zu ihr gelegt oder sich mit ihr vergangen hätte. Es begab sich aber an einem solchen Tag, als er ins Haus kam, um sein Geschäft zu besorgen, und niemand von den Hausgenossen zugegen war, daß sie ihn bei seinem Kleid ergriff und zu ihm sprach: Schlaf bei mir! Er aber ließ das Kleid in ihrer Hand und floh und lief zum Hause hinaus. Als sie nun sah, daß er das Kleid in ihrer Hand gelassen hatte und entflohen war, rief sie die Hausgenossen herbei und sprach zu ihnen: Seht, er hat uns den Hebräer ins Haus gebracht, daß er Mutwillen mit uns triebe! Er kam zu mir herein, um bei mir zu schlafen; ich aber habe aus Leibeskräften geschrieen! Als er nun hörte, daß ich meine Stimme erhob und schrie, ließ er sein Kleid neben mir liegen und floh zur Tür hinaus. […] Als nun sein Herr die Rede seiner Frau hörte, daß sie sprach: So und so hat mir dein Knecht getan! da entbrannte sein Zorn. Und Josephs Herr nahm ihn und warf ihn ins Gefängnis, dorthin, wo die Gefangenen des Königs lagen; so war er dort im Gefängnis.“

Obwohl Joseph wirklich gut in seinem Job war, wurde er plötzlich von Potiphars Frau ins Auge gefasst und endete in einem von Pharaos Gefängnissen. Er hat nicht dem entgegen gehandelt, von dem er wusste, dass es Gottes Wille war: Wie er auch zu ihr sagte: „Wie sollte ich nun ein solch großes Übel tun und wider Gott sündigen?“ Es war Gott, den Joseph fürchtete, nicht Menschen. Obwohl er als Ergebnis dessen im Gefängnis landete, folgte ihm die Gegenwart Gottes auch dorthin. In den Versen 20–23 heißt es:

1. Mose 39, 20–23
„Und Josephs Herr nahm ihn und warf ihn ins Gefängnis, dorthin, wo die Gefangenen des Königs lagen; so war er dort im Gefängnis. Aber der HERR war mit Joseph und verschaffte ihm Gunst und schenkte ihm Gnade vor den Augen des Kerkermeisters. Und der Kerkermeister gab alle Gefangenen, die im Kerker waren, in Josephs Hand, und alles, was es dort zu tun gab, das besorgte dieser. Der Kerkermeister kümmerte sich nicht im geringsten um irgend etwas, das Joseph in die Hand nahm; denn der HERR war mit Joseph, und der HERR ließ alles gelingen, was er unternahm.

Aber der Herr war mit Joseph…“ und dasselbe, so glaube ich, ist auch bei dir der Fall: Der Herr ist mit dir. Obwohl du dich vielleicht in einer schwierigen Situation befindest, ist der Herr da. Vielleicht hast du, wie Joseph, bisher unbeantwortete Fragen. Vielleicht fragst du dich, wo Gott in all dem ist, aber die Antwort ist, so glaube ich, sehr einfach, kurz und klar: Mit dir.

Nachdem Joseph also zunächst Potiphars Haus vorstand, leitete er nun das gesamte Gefängnis. Nach einiger Zeit waren unter seinen „Gästen“ auch zwei Beamte des Pharao: Der oberste Mundschenk und der Chef-Bäcker. In 1. Mose 40, 5–8 ist zu lesen:

1. Mose 40, 5–8
„Und es träumte ihnen beiden in einer Nacht, einem jeden ein Traum von besonderer Bedeutung, dem Mundschenk und dem Bäcker des Königs von Ägypten, die in dem Kerker gefangen lagen. Als nun Joseph am Morgen zu ihnen kam, sah er sie an und siehe, sie waren verdrießlich. Da fragte er diese Höflinge des Pharao, die mit ihm im Gefängnis seines Herrn waren, und sprach: Warum macht ihr heute ein so finsteres Gesicht? Sie antworteten ihm: Uns hat geträumt; und nun ist kein Ausleger da! Joseph sprach zu ihnen: Kommen nicht die Auslegungen von Gott? Erzählt mir's doch!”

„Kommen nicht Auslegungen von Gott?” Und ja, jede Auslegung, Erklärung oder Antwort kommt von ihm. Auf diese Ermutigung hin, begannen die Gefangenen, Joseph ihre Träume zu erzählen:

1. Mose 40, 9–15
„Da erzählte der oberste Mundschenk dem Joseph seinen Traum und sprach: In meinem Traum, siehe, da war ein Weinstock vor mir, und an dem Weinstock waren drei Schosse; und er grünte und blühte und seine Trauben wurden reif. Ich aber hatte den Becher des Pharao in der Hand. Joseph sprach zu ihm: Dies ist die Bedeutung: Die drei Schosse sind drei Tage; in drei Tagen wird der Pharao dein Haupt erheben und dich wieder in dein Amt einsetzen, daß du dem Pharao den Becher reichst, wie du früher zu tun pflegtest, da du noch sein Mundschenk warst. Solltest du dann etwa an mich denken, wenn es dir gut geht, so tue Barmherzigkeit an mir und empfiehl mich dem Pharao, daß er mich aus diesem Haus entlasse; denn ich bin aus dem Land der Hebräer gestohlen worden und habe auch hier gar nichts getan, wofür man mich einzusperren brauchte.“

Die Träume der beiden Höflinge (wir haben an dieser Stelle den Traum des obersten Bäckers übersprungen) waren von Gott. Darum schenkte er auch die Auslegung. Der oberste Mundschenk sollte in seine alte Position zurückkehren. Weil Joseph das wusste, bat er ihn, ihn im Gedächtnis zu behalten und seinen Fall vor den Pharao zu bringen. So lesen wir in den Versen 20–23:

1. Mose 40, 20–23
„Und es begab sich am dritten Tag, dem Geburtstag des Pharao, als er für alle seine Knechte ein Mahl veranstaltete, daß er das Haupt des obersten Mundschenken und des obersten Bäckers unter allen seinen Knechten erhob; und den obersten Mundschenk setzte er wieder ein in sein Schenkamt, daß er dem Pharao den Becher in die Hand geben durfte; aber den obersten Bäcker ließ er hängen wie Joseph ihnen gedeutet hatte. Aber der oberste Mundschenk dachte nicht an Joseph, sondern vergaß ihn.“

Diese Dinge geschahen genauso wie Gott sie durch Joseph verkündet hatte. Trotz dessen und der Bitte Josephs zum Trotz vergaß der oberste Mundschenk ihn. Wer weiß, was Joseph gedacht haben muss. Wahrscheinlich konnte er es kaum abwarten, bis die drei Tage vorbei waren und die Träume in Erfüllung gingen in der Hoffnung, dass der oberste Mundschenk an ihn denken würde. Aber er vergaß ihn. Man mag das Achtlosigkeit oder Undankbarkeit nennen, aber „Wer hat je etwas gesagt und es ist geschehen, ohne daß der HERR es befahl?“ heißt es im Wort Gottes (Klagelieder 3, 37). Für den Menschen, der Gott folgt, ist nichts zufällig. Im Gegenteil: „Denen, die Gott lieben, wirkt ALLES zum Besten mit“. ALLES. Sogar diese Nachlässigkeit? Ja. Sogar die Tatsache, dass Joseph unschuldig ins Gefängnis geworfen wurde? Sicherlich. „Sogar die Situation, in der ich mich befinde?“ Wenn du Gott liebst, ja. Alles wirkt mit zum Besten denen, die Gott lieben und ich bin ehrlich nicht der Meinung, dass meine oder deine Situation eine Ausnahme zu diesem „alles“ bilden.

4. Joseph: im Palast des Pharao

Einige Zeit verging und nun war der Pharao an der Reihe, einen Traum von Gott zu haben, für den er die Auslegung wissen wollte. Da erinnerte sich der oberste Mundschenk an den jungen Hebräer, der, einige Jahre zuvor, seinen Traum und den des obersten Bäckers ausgelegt hatte. Sofort ließ der Pharao nach Joseph schicken und Gott gab durch ihn die Auslegung des Traumes: Ägypten würde sieben Jahre Überfluss haben, gefolgt von sieben dürren Jahren. Der Pharao handelte daher weise und setzte einen Mann ein, der sicherstellen sollte, dass der Überfluss der ersten sieben Jahre so genutzt würde, dass er den Mangel der darauffolgenden sieben dürren Jahre ausgleichen würde. Dann sagte der Pharao zu Joseph:

1. Mose 41, 37–44
„Diese Rede gefiel dem Pharao und allen seinen Dienern wohl. Und der Pharao sprach zu seinen Dienern: Können wir einen Mann finden wie diesen, in welchem der Geist Gottes ist? Der Pharao sprach zu Joseph: Nachdem Gott dir solches alles kundgetan hat, ist keiner so verständig und weise wie du! Du sollst über mein Haus sein, und deinem Befehl soll mein ganzes Volk gehorchen; nur um den Thron will ich höher sein als du. Weiter sprach der Pharao zu Joseph: Siehe, ich habe dich über ganz Ägyptenland gesetzt!“

So plötzlich wie Joseph ins Exil geschickt und dann ins Gefängnis geworfen wurde, so plötzlich wurde er zweiter Befehlshaber in ganz Ägypten! Nur der Pharao selbst war ihm vorgesetzt! Unter Josephs Leitung konnte Ägypten in den ersten sieben Jahren des Überflusses genug sparen, um die letzten sieben Hungerjahre zu überstehen. Mehr noch, Josephs Vater Jakob sandte seine Söhne nach Ägypten, sobald er hörte, dass es dort Essen gab, damit sie dort welches kauften. Die Kapitel 52–56 aus 1. Mose zeigen, wie wunderbar Gott die Wieder-Vereinigung der ganzen Familie in Ägypten arrangiert hat.

5. Joseph: der Grund

Die Dinge, die wir bisher über Joseph gelesen haben, besonders über seine Zeit der Anfechtung, dauerte nicht nur ein oder zwei Monate. Tatsächlich dauerte es 13 Jahre von der Zeit, als Joseph nach Ägypten verkauft wurde, bis er vor dem Pharao stand (siehe 1. Mose 37, 2 und 1. Mose 41, 46). Psalm 105, 17–22 fasst zusammen, was Joseph geschah und die Bedeutung dessen.

Psalm 105, 17–22
„Er [Gott] sandte einen Mann vor ihnen [dem Volk Israel] her, Joseph ward zum Sklaven verkauft! Sie zwangen seinen Fuß in einen Stock; seine Seele geriet in Fesseln; bis zur Zeit, da sein Wort eintraf und der Ausspruch des HERRN ihn geläutert hatte. Der König sandte hin und befreite ihn; der die Völker beherrschte, ließ ihn los. Er setzte ihn zum Herrn über sein Haus und zum Herrscher über alle seine Güter, daß er seine Fürsten nach Belieben binde und seine Ältesten unterweise.“

Es war Gott, der Joseph nach Ägypten geschickt hat. „Er sandte ihn“. Wie auch Joseph zu seinen Brüdern sagte, nachdem sie wieder vereint waren:

1. Mose 45, 7–8
Aber Gott hat mich vor euch hergesandt, damit ihr auf Erden überbleibt, und um euch am Leben zu erhalten zu einer großen Errettung. Und nun, nicht ihr habt mich hierher gesandt, sondern Gott.“

Und so auch in 1. Mose 50, 19–20
„Aber Joseph sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Bin ich denn an Gottes Statt? Ihr gedachtet zwar Böses wider mich; aber Gott gedachte es gut zu machen, daß er täte, wie es jetzt am Tag ist, um viel Volk am Leben zu erhalten.“

Wie es in dem oben genannten Psalm heißt, hat Gott einen Zeitpunkt bestimmt, zu dem „Sein Wort [in Bezug auf Joseph] eintraf”. Bis dahin „läuterte ihn der Ausspruch des Herrn“. Dem, was Joseph erlitten hat, lagen also nicht „Pech“ oder üble Umstände zu Grunde, sondern die Schritte, die Gott in Seinem Plan für ihn eingerichtet hatte. Sie waren Prüfungen, die Gott geplant hatte, um in ihm das anzulegen, was für den nächsten Schritt nötig war. So heißt es in Römer 5, 3–5 in Bezug auf Anfechtungen:

Römer 5, 3–5
„Nicht nur das, sondern wir rühmen uns auch in den Trübsalen, weil wir wissen, dass die Trübsal Standhaftigkeit wirkt; die Standhaftigkeit aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.“

und in Jakobus 1, 2–4
„Meine Brüder, achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen geratet, da ihr ja wisset, daß die Bewährung eures Glaubens Geduld wirkt. Die Geduld aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen und ganz seiet und es euch an nichts mangle.“

Des Weiteren in Hebräer 10, 36
Denn Ausdauer tut euch not, damit ihr nach Erfüllung des göttlichen Willens die Verheißung erlanget.“

Wir brauchen Ausdauer, um den Willen Gottes zu tun und, auch wenn wir es vielleicht nicht mögen, „wirkt Trübsal Standhaftigkeit“. Hier gibt es keine Abkürzungen. Joseph konnte nicht auf Stufe drei springen [zweiter Befehlshaberin Ägypten und Heilsträger für Israel] ohne zuerst die Schritte eins [von seinen Brüdern gehasst und als Sklave nach Ägypten an Potiphar verkauft] und zwei [unschuldig ins Gefängnis geworfen] zu durchlaufen. Wie es in Psalm 105 heißt: „Sie zwangen seinen Fuß in einen Stock; bis zur Zeit, da sein Wort eintraf.“ Gottes Absicht für Joseph war von Anfang an Stufe 3. Allerdings würde er das nicht ohne die Schritte eins und zwei geschehen lassen, d. .h vor den Anfechtungen. Viele von uns möchten zu Stufe drei übergehen, ohne zunächst die Schritte eins und zwei zu durchlaufen. Wir wollen die Auferstehung ohne die Kreuzigung. Wir möchten Jünger sein, aber nicht das Kreuz auf uns nehmen. Das ist einfach nicht möglich. Wenn der Sohn Gottes, der Herr Jesus Christus, „an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt [hat]“ (Hebräer 5, 8), wie können wir dann denken, dass wir ihn anders erlernen können? Wenn doch, dann betrügen wir uns selbst.

Anfechtungen sind lediglich Schritte, die uns auf die nächste Stufe helfen sollen und von Gott zu unserem Guten geplant sind. Wie für Joseph so sind sie auch für uns Mittel, die Gott geplant hat, um das in uns hervorzubringen, was für den nächsten Schritt, zu dem Gott uns gerne bringen möchte, nötig ist. Gott hat einen Plan und ein Ziel für unser Leben und Er möchte, dass wir dieses Ziel erreichen. Werden wir uns ihm unterordnen? Niemand wird jemals zu Schritt drei gelangen, ohne zuerst die Stufen eins und zwei zu durchlaufen. Niemand wird jemals Geduld ohne Leiden lernen. Niemand wird jemals Ausdauer hervorbringen ohne Anfechtungen. Niemand wird jemals die Ziele, die Gott für einen hat, erreichen, ohne dass er Gott erlaubt, das hervorzubringen (und zu entfernen) ̶ durch Anfechtungen ̶ was Er für nötig erachtet.

6. Schlussfolgerung

Ich hoffe, dass das oben Erläuterte deutlich gemacht hat, dass Anfechtungen nicht unbedingt Dinge sind, die zu unserem Nachteil geplant sind. Im Gegenteil wirkt „alles zum Guten mit“ denen, die Gott lieben und das schließt mit Sicherheit auch Prüfungen und Anfechtungen mit ein.

Wenn du also durch eine Phase gehst, in der es zu viele Fragen und zu wenige Antworten zu geben scheint, verliere nicht den Mut. Vertraue dem Herrn dein Herz an. Er weiß, was Er tut und was Er tut, dient sicherlich zum Guten und Seiner Herrlichkeit.

Anastasios Kioulachoglou